Artist in Residence ANDREAS JORNS Projekt Inseljugend 2.0

Heute erzähle ich Ihnen von meinen Eindrücken, als ich Fotograf Andreas Jorns im Rahmen seines Artist-in-Residence-Projekts „Inseljugend“ Ende November 2020 zu verschiedenen Fotoshootings auf der Insel Föhr begleiten durfte.

 

Vom 12. Dezember 2019 bis 22. Januar 2020 war der Fotograf Andreas Jorns aus Haan erstmals als Artist in Residence zu Gast im Museum Kunst der Westküste (MKdW). In dieser Zeit erstellte er eine Bilderstrecke, die das Leben der Jugendlichen und jungen Erwachsenen von Föhr in all seinen Facetten zeigt. So fotografierte er auf Feierlichkeiten, Partys und verschiedenen gesellschaftlichen Ereignissen, sodann unter anderem in Musik- und Sportvereinen. Bereits am Ende seines Aufenthalts stellte Andreas Jorns fest, dass er noch einmal wiederkommen muss und das tat er diesen November, hochmotiviert und gespannt, die Jugendlichen nun inmitten des unter der Corona-Pandemie stehenden Jahres neu zu erleben!

 

Fast ein Jahr später also besuchte er Föhr ein zweites Mal, um sein Fotoprojekt nun wirklich zu beenden und zugleich den Aufbau seiner kleinen Preview-Satellitenschau in der mit dem MKdW kooperierenden StattBAR in Wyk auf Föhr zu begleiten.

 

Bei einem der Vorbereitungstreffen mit Museumsdirektorin Prof. Dr. Ulrike Wolff-Thomsen und den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen des Museums durfte ich als Praktikantin teilnehmen. Die Gespräche zwischen Künstler und Museumsmitarbeiterinnen waren wahnsinnig spannend, es ging um Bildermaße, Rahmung, Hängung, Zeitpläne, Kataloggestaltung, Transporte, Bildauswahl und vieles mehr. Mir wurde einmal mehr in der zweimonatigen Zeit meines Praktikums bewusst, wie aufwendig und anspruchsvoll die Vorbereitungen für Kunstausstellungen sind. Andreas Jorns erzählte im Anschluss an das Treffen, dass er sich für zwei Fotoshootings mit Föhrer Jugendlichen am Wochenende am Strand trifft und er lud mich ein, dort vorbeizuschauen. Es hieß, ein junger Föhrer bringe sein Schlagzeug mit – das konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen! Bei Sonnenschein und winterlichen Temperaturen traf ich Andreas Jorns und Christina Scheel, im Museum verantwortlich für Social Media und Medienmanagement, am Hedehusumer Strand. Und da taucht auch schon das erste „Model“ zusammen mit seinem Vater in einem Pick-up-Truck auf. Auf der Ladefläche lagen doch tatsächlich die vielen Einzelteile eines Schlagzeugs. Dieses wurde dann zunächst im Watt aufgebaut und ich konnte da bereits vor dem inneren Auge sehen, dass die Fotos spektakulär werden würden – Kulisse und Setting waren einfach perfekt.

 

Mit einem „Na dann leg mal los!“ das Andreas Jorns dem jungen Mann völlig entspannt entgegen brachte, begann das Fotoshooting. Der Schlagzeuge begann also mit voller Begeisterung und scheinbar völlig unbeeindruckt davon, wo er sich aufhielt, dem Schlagzeug die tollsten Töne zu entlocken. Das zog natürlich auch einige schaulustige Spaziergänger*innen an, denn wann sitzt schon mal jemand mit seinem Schlagzeug mitten im Watt?

 

Andreas Jorns bewegte sich um den Aufbau und den jungen Mann herum, immer die Kamera im Anschlag und gefühlt permanent den Auslöser drückend. Rasch waren nach seiner Ansicht die passenden Aufnahmen „im Kasten“ und so schnell, wie der Aufbau ging, so schnell war alles auch schon wieder abgebaut. Christina Scheel filmte Andreas Jorns im Anschluss und befragte ihn dabei zu seinem zweiten Aufenthalt auf Föhr.

 

 

Anschließend warteten wir auf die Jugendlichen, die den zweiten Fototermin bestreiten sollten. Andreas Jorns erzählte mir währenddessen von seinem ersten Besuch auf Föhr und von den ausgelassenen Festen und Treffen der Jugendlichen, bei denen er dabei sein und auch fotografisch tätig werden durfte. Es war eine andere Zeit, die er vor einem Jahr auf der Nordseeinsel vorfand. In seinem Projekt ist nun während des zweiten Aufenthalts auch die Pandemie Thema geworden – manche Jugendliche tragen bei den Einzelportraits Nase-Mund-Bedeckungen oder sie stehen bei Gruppenaufnahmen mit entsprechendem Abstand zueinander. Für das zweite Fotoshooting an diesem Nachmittag jedoch stand abermals das Musizieren im Fokus. Eine junge Sängerin und ein junger Sänger von Föhr waren mit Jorns verabredet. Beide trafen nun mit Gitarren und Mikrofon bepackt am Strand ein und wurden wie schon der Schlagzeuger im Watt fotografiert, während sie Lieder auf Deutsch, Englisch und Friesisch sangen und dazu Gitarre spielten. Der Nachmittag war bereits fortgeschritten und die Sonne stand tiefer am Himmel, wodurch sich das Ambiente gänzlich veränderte. Ich habe mir Fotoshootings bisher eher steif und streng vorgestellt, doch das Gegenteil war der Fall! Durch das Singen und Musizieren fühlte sich die Stimmung sehr locker und entspannt an und es dauerte auch nicht lange bis Andreas Jorns mit „It’s a wrap“ das Fotoshooting beendete.

 

Am nächsten Tag stand noch ein weiterer Fototermin an, zu dem ich Andreas Jorns noch einmal begleiten durfte. Wir trafen am Bohlenweg in Nieblum eine Schülerin von Föhr, die bereits im letzten Jahr Protagonistin war. Die Jugendliche, die in ihrer Freizeit ausgesprochen gerne liest und Buchrezensionen schreibt, kam mit Rucksack, mehreren Beuteln und einem Fahrradkorb voller Bücher zum vereinbarten Treffpunkt. Die Bücher arrangierte sie wie selbstverständlich auf dem Bohlenweg um sich herum und setze sich dann und begann zu lesen. Andreas Jorns fotografierte sie aus verschiedenen Perspektiven und ich durfte die Bücher zwischendurch anders arrangieren. Ich war auch bei diesem Treffen wieder ziemlich erstaunt, mit welch einer Entspanntheit die Jugendliche vor der Kamera agierte. Ich kenne es von mir und meinen Freund*innen, dass wir während unserer Jugend eher kamerascheu waren und ich fragte Andreas Jorns, wie er das empfinde. Die Föhrer Jugend sei sehr offen für sein Projekt und wäre bereits nach kurzer Zeit mit vielen Fotoideen auf ihn zugekommen – alle waren sehr begeistert und wollten mitmachen.

 

 

Dass ich bei der Umsetzung einiger dieser Ideen dabei sein konnte, war definitiv ein Highlight meines Praktikums im Museum Kunst der Westküste.

 

Den Ausstellungsbeginn am 20. Juni 2021 habe ich mir schon in meinem Kalender markiert und ich freue mich darauf, vielleicht das ein oder andere Foto wiederzusehen, bei dessen Entstehung ich live dabei war.

 

Franziska Zimmert

Praktikantin im MKdW von Oktober bis Dezember 2020

Studentin an der Universität Passau, European Studies Major B.A.