Von Brüssel zur Lieblingsinsel

Wie kommt man aus Brüssel zu einem Praktikum im MKdW auf Föhr? Das wurde ich während meiner Zeit auf meiner Lieblingsinsel oft gefragt.

 

Im Herzen Europas in der belgischen Hauptstadt Brüssel bin ich aufgewachsen, jedoch sind meine Eltern aus Deutschland und brachten mir seitdem ich auf der Welt bin die kleine nordfriesische Insel nahe. Ich war direkt verliebt in das Meer, den Wind, die Landschaft, die salzige Luft, das weite Watt, die Vögel, die Schäfchen, die Strandkrabben, die herzlichen Menschen und in das Freiheitsgefühl, welches die Nordsee mit sich bringt. 

 

 

Ich war schon immer sehr kreativ und habe große Freude daran, Neues auszuprobieren und meine Kreativität in vielen verschiedenen Formen zum Ausdruck zu bringen. So kam es, dass ich das Museum Kunst der Westküste auf Föhr entdeckte und schnell von den genialen Wechselausstellungen sowie der Atmosphäre im Museum verzaubert und inspiriert wurde.

 

Nachdem ich 2021 mein Abitur in Brüssel abgeschlossen hatte, bereitete ich mich auf mein Studium im Fach Kommunikationsdesign vor. Dafür arbeitete ich an verschiedenen Bewerbungsmappen und war täglich mit Leidenschaft kreativ tätig. Es kam mir die Idee, vor Beginn meines Studiums einige Monate in meinem Lieblingsmuseum auf Föhr zu arbeiten. Ich wollte so gerne mehr über die Arbeit im Museum erfahren und verstehen, wie die vielen verschiedenen Arbeitsbereiche innerhalb des Museums miteinander harmonieren und funktionieren. Ich war sehr neugierig, einmal hinter die Kulissen des Museums blicken zu können.

 

Deshalb war ich unglaublich froh, als ich einen Praktikumsplatz für drei ganze Monate – von April bis Juni – im Bereich Marketing und Presse erhielt. Ich konnte mein Glück kaum fassen und so zog ich im Frühjahr 2022 von der unruhigen Großstadt auf die grüne Insel und lebte meinen Traum.

 

An meinem ersten Praktikumstag wurde ich durch die vielen Räume des Museums geführt und den Mitarbeiter*innen vorgestellt. Alle waren sehr offen, hilfsbereit, interessiert und herzlich zu mir und es fiel mir sehr leicht mich in das Museumsteam einzufinden. Neben meinem Schwerpunkt im Bereich Presse und Marketing, hatte ich auch die Möglichkeit den Museumshop, den Ausstellungsbereich und die Kunstwerkstatt mit den verschiedenen Workshops kennenzulernen.

 

Mein Praktikum macht mir sehr viel Spaß, da ich jeden Tag etwas Neues lerne und kein Tag dem anderen gleicht. Viel Freude macht mir das Gestalten von Flyern und Plakaten. Anlässlich des Internationalen Museumstages am 15. Mai 2022 durfte ich Programmflyer und digitale Plakate entwerfen. Das Gefühl etwas für das Museum zu kreieren, was aus meinen Vorstellungen und Ideen entsteht und anschließend verwendet wird, ist unglaublich! Den Moment, als ich ein Design von mir an der digitalen Stele vor dem Museum sah, werde ich nie vergessen!

 

Ganz besonders inspirierte mich die Ausstellung Anna Ancher – Sonne. Licht. Skagen. Bei jedem Ausstellungsbesuch entdeckte ich etwas Neues in den leuchtenden Werken der dänischen Malerin. Mein Lieblingsbild ist das Werk Abendsonne im Atelier am Markvej aus dem Jahr 1913. Das Bild ist ungerahmt, wodurch es einen ganz besonderen Charakter erhält. Die Farbwahl und die Darstellung des Lichts bei diesem Gemälde faszinierten mich besonders. Es stellt eine blaue Stube dar, in die das rote kräftige Abendlicht durch ein Fenster fällt, welches selbst jedoch gar nicht auf dem Bild zu sehen ist. Stattdessen sieht der Betrachter nur das grelle Licht, das auf eine bläuliche, lila getönte, kühle Wand fällt und sich außerdem in den wenigen glänzend polierten dunklen Holzmöbeln der Stube reflektiert. Obwohl die Farben, mit denen das Licht gemalt wurde, außerordentlich dick aufgetragen wurden, und so fast plastisch scheinen – fast so, als könne man sie anfassen – wirkt der Lichteinfall sehr leicht und unbeschwert auf den Betrachter. Das Bild strahlt dadurch eine besonders starke Stimmung aus. Auf der einen Seite ist die kühle, schlichte Stube und auf der anderen das intensive, warme, ausdrucksstarke Abendlichtlicht, der untergehenden Sonne in Skagen. Einfach unglaublich!

 

Anna Ancher, Abendsonne im Atelier am Markvej, frühstens 1913, © Art Museums of Skagen

 

Die Art und Weise, wie die Künstlerin das Licht in ihren Werken einfing und es regelrecht plastisch und greifbar darstellte, fasziniert mich zutiefst. Da ich nun ein Studium in einem kreativen Bereich beginnen werde, versuche ich alles aufzunehmen und zu lernen. Die außerordentlich leichte, aber trotzdem so starke, ausdrucksstarke Malweise Anna Anchers, brachte mich während meines Aufenthalts auf Föhr auch dazu selbst zu malen. Es zog mich an den Strand, in die Natur, und in die Dörfer, um das Licht auf meine Weise einzufangen. Die Insel ist wirklich ein ganz besonderer Ort, um seine Kreativität neu zu entdecken und zu entfalten.

 

Sonnenuntergang in Utersum

 

Helena Klaus

Praktikantin im Museum Kunst der Westküste im April bis Juni 2022