Thomas Wrede

02. Juni 2020 bis 21. Juni 2020
17. August 2018 bis 24. August 2018
08. September 2015 bis 20. September 2015

Der Fotokünstler Thomas Wrede (geb. 1963) lebt und arbeitet in Münster. Die Insel Föhr kennt er schon aus der Kindheit, und auch zur Nordsee hat er eine lange und intensive Beziehung. In den Landschaften entlang der Westküste hat er seit über 20 Jahren diverse Fotoprojekte realisiert, darunter die Werkreihen Real Landscapes und Seascapes, die 2010 mit der Ausstellung Anywhere im MKdW präsentiert werden konnten.

 

Viele der Arbeiten sind auf der nordfriesischen Insel Amrum entstanden. Erst als Wrede 2015 für zwei Wochen als Artist in Residence nach Alkersum kam, schuf er hier mit Früher Morgen bei den Korallenmoosinseln erstmals eine Fotoarbeit auf Föhr. Wrede berichtet: „Schon in Münster hatte ich gemeinsam mit meinen Assistenten über mehrere Wochen kleine Miniaturinseln mit vielen Bäumen, Sträuchern und Gräsern gebaut. Im Wattenmeer rund um Föhr wollte ich für diese Miniaturinseln dann eine geeignete Kulisse finden – und fand sie auch: Eine große Strandpfütze in der Nähe vom Schöpfwerk Föhr-Mitte, nördlich von Oldsum. Die Stelle war optimal.“

 

Doch die „Strandpfütze“ erscheint in der Fotografie als ruhig daliegendes, weites Gewässer, das erst am fernen Horizont von einem Landschaftsstreifen begrenzt wird. Im Vordergrund zieht sich eine Gruppe größerer und kleinerer Inseln durch die Wasserlandschaft. Ein zarter Dunstschleier und ein angedeuteter Sonnenuntergang erzeugen eine fast magisch-surreal anmutende Atmosphäre.

 

Thomas Wrede, Früher Morgen bei den Korallenmoosinseln, 2016, © Courtesy of the artist / VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Thomas Wrede, Früher Morgen bei den Korallenmoosinseln, 2016, Museum Kunst der Westküste, Alkersum/Föhr, © Courtesy of the artist & VG Bild-Kunst, Bonn 2020

 

Wredes Arbeiten bewegen sich zwischen Realität und Fiktion. Die reale Landschaft – hier die Strandpfütze – ist sein künstlerischer Ausgangspunkt, doch indem er mit dem Standpunkt der Kamera die Perspektive und mittels Miniaturmodellen den Maßstab verändert, erschafft er ein verzerrtes und imaginäres Realitätsabbild. Auf diese Weise regt Wrede dazu an, die eigene Wahrnehmung, aber auch die Fotografie als scheinbar objektives, dokumentarisches Medium zu hinterfragen.

Dazu passt, dass Wrede die Inspiration für seine Motive vielfach aus Pressefotografien schöpft, die die Auswirkungen realer Naturereignisse oder Naturkatastrophen zeigen. Die Anregung für das Werk Früher Morgen bei den Korallenmoosinseln bot etwa das Elbhochwasser 2002, bei dem das Wasser der Elbe ganze Landstriche flutete und Baumgruppen wie kleine Inseln umspülte. Wrede fuhr damals tagelang durch die völlig veränderte Landschaft und sammelte Eindrücke, die er während seines Aufenthaltes auf Föhr 2015 künstlerisch umsetzen konnte.

 

Im Juni 2020 setzte Wrede seine Fotoarbeit auf Föhr fort. Als Landschaftskulisse diente dieses Mal die Wattlandschaft, zu seinem Arbeitsmaterial gehörten Rindenstücke der Korkeiche – „Krokodilfelsen“, wie Wrede sie nennt. Während die Landschaft in Früher Morgen bei den Korallenmoosinseln idyllisch, nahezu verträumt anmutet, bettete Wrede die „Krokodilfelsen“ – schon in sich von rauerer, kargerer Beschaffenheit – in eine düstere Landschaftsszenerie ein. Die im Bild erzeugte Stimmung hängt dabei wesentlich von den Witterungsbedingungen vor Ort ab. Das heißt für den Künstler oftmals: warten – und ausprobieren. So sind in diesen Junitagen mehrere Aufnahmen bei unterschiedlichen Witterungs- und Lichtverhältnissen entstanden, aus welchen es nun die „ideale“ Aufnahme auszuwählen gilt.

 

 

Zudem arbeitete Wrede an einem dritten Motiv, inspiriert von folgenschweren Erdrutschen in den Schweizer Alpen. Die Suche nach dem richtigen Ort für die Aufnahmen gestaltete sich auf der Insel Föhr nicht ganz einfach, schließlich wurde er in der Umgebung von Wyk fündig. Nun kommt es auch hier darauf an, ob das Wetter mitspielt!

 

Die auf Föhr entstandenen Arbeiten werden ab dem 28. Februar 2021 in der Ausstellung Made on Föhr. Fotografie aus dem Artist-in-Residence-Programm zu sehen sein. Dabei ist Thomas Wrede einer von drei vertretenen Künstlern. Nicole Ahland aus Wiesbaden und die in Finnland und Frankreich lebende Elina Brotherus sind als ehemalige Artists in Residence ebenfalls mit von der Partie. Die Gruppenausstellung gibt den Auftakt zu einer Ausstellungsserie, die in unregelmäßigen Abständen die Ergebnisse der Künstler, die vom MKdW nach Föhr eingeladen wurden, vorstellen wird.

 


 

Headerbild: 

Thomas Wrede, Am Ufer, 2002, © Courtesy of the artist & VG Bild-Kunst, Bonn 2020